Zurzeit stelle ich fest: Das Schreiben – oder generell die Arbeit an meinem Roman – ist manchmal auch ein bisschen Alltagsflucht.

Es passieren grade so einige Dinge in meinem Leben, mit denen ich mich am liebsten gar nicht beschäftigen möchte. Und auch, wenn ich da natürlich nicht drum herum komme, ist es fürchterlich nützlich, danach sagen zu können: Ich muss jetzt noch am Buch arbeiten. Und dann taucht man ab. Blendet die Realität einfach aus.

Einhorn-Roman-Tamara-Leonhard

 

Ich gebe zu: In meinem Roman kommen keine Einhörner vor. Auch keine Drachen oder Elfen. Aber trotzdem erlaubt mir das Schreiben, mich in eine Fantasiewelt zurückzuziehen. Diese Auszeiten im Kopf helfen, um bei Sinnen zu bleiben.

In dieser anderen Welt ist zwar auch nicht immer alles eitel Sonnenschein, aber zumindest habe ich die Möglichkeit, selbst ein Happy End zu schaffen. Ich weiß, wenn ich das möchte, wird am Ende alles gut. Dann bekommt der Junge das Mädchen und der Böse eins auf den Deckel. Ich halte die Fäden in der Hand.

Wobei … so ganz stimmt das auch wieder nicht. Es ist ja nicht so, als würden meine Figuren immer das machen, was ich ihnen sage. Von wegen! Da denkt man sich eine Geschichte aus, beginnt mit dem Schreiben, baut noch die ein oder andere neue Idee mit ein, ist sich aber im Großen und Ganzen sicher, wie es laufen soll. Und dann machen die einfach nicht mit. Plötzlich findet man sich mit ratlosem Gesicht vor dem Computer und fragt seine Protagonisten: „Äh, Verzeihung: Was treibt ihr da eigentlich?“

Hört sich verrückt an? Tja … so viel zu der Idee, durch das Schreiben bliebe man bei Sinnen.

Doch es stimmt. In meinem Roman ist ein ganzer Handlungsstrang entstanden, nur weil ich neugierig darauf war, was wohl passiert, wenn ich meinen Plan beiseitelege und die Figuren einfach mal machen lasse. Und ich finde, es war eine gute Entscheidung. Es hat ihnen das Leben vielleicht nicht gerade leichter gemacht, aber sie konnten daran wachsen. So ist es ja auch im echten Leben. Schwierigkeiten zu meistern, macht uns stärker.

Trotzdem bin ich froh über meine kleine Welt bei meinen Protagonisten. Meine tägliche Reise zu Tim und Jessica nach Berlin hilft, den Kopf zu sortieren und mit mehr Ruhe und Klarheit wieder nach Hause zu kommen. Und da bin ich schließlich auch sehr gerne!