Wenn man mit dem Panorama der Schweizer Alpen und dem melodischen Klang von Kuhglocken direkt vor dem Kinderzimmerfenster aufwächst, entwickelt man vielleicht ganz automatisch einen Blick für den Zauber besonderer Momente.
Idyllisch war meine Kindheit nahe dem Thunersee allemal. Ich fuhr mit dem Rad über die Felder, zottelte mit dem Shetlandpony eines ansässigen Bauern durch die Wälder und entwickelte früh meine Leidenschaft fürs Geschichtenerzählen, die Musik und alles Kreative.
Schon während der Grundschulzeit stand ich auf der Bühne und sang klassische Stücke.
Mit elf bewegte mich eine alte Schreibmaschine, die ich in letzter Minute vor dem Sperrmüll rettete, zu der tollkühnen Aussage: »Ich schreibe jetzt einen Pferderoman!« Meine Eltern staunten nicht schlecht, als ich einige hundert Seiten später immer noch eifrig in die Tasten hämmerte.
Die erste große Veränderung brachte unser Umzug nach Deutschland in meinem 13. Lebensjahr. Während meiner Jugend und Studienzeit im Saarland – ich schloss als Magistra Artium in den Fächern Germanistik, Anglistik und Phonetik ab – gerieten das Schreiben und Singen ungeplant in den Hintergrund. Stattdessen spielte ich Theater. Doch als 2009 der Studienabschluss und anschließend der erste Job meine volle Konzentration forderten, war auch damit Schluss. Das Kreative verschwand vollkommen aus meinem Alltag und wich dem Hamsterrad einer Karriere, die ich glaubte, verfolgen zu müssen, weil andere das doch auch taten.
Was geschieht mit einer Künstlerseele, die aus Vernunft der Kunst keinen Raum mehr gibt?
Um es kurz zu machen: Wo das Herz zuvor in bunten Farben funkelte, wurde es grau.
In stillen Momenten flüsterte mein Innerstes, dass etwas fehlt, doch ich war zu beschäftigt, um zuzuhören. Erst nach Jahren kam ich so weit zur Ruhe, dass die tief in mir vergrabene Sehnsucht nach dem kreativen Leben hervorbrach.
Doch war es inzwischen nicht zu spät? Was sollte ich mit 34 Jahren schon anfangen, was jemals mehr als ein nettes Hobby nach Feierabend sein könnte?
Der Jahreswechsel 2016/2017 brachte eine lebensrettende Veränderung ins Rollen:
Viele kleine »Zufälle«, an die ich nicht glaube, führten mich über ein Casting zu einer professionellen Musicalproduktion, bei der ich in tausend Farben aufblühte. All die Menschen um mich herum inspirierten und erfüllten mich so sehr mit ihrer Freude an dem, was sie schufen, dass ich jeden Moment auskostete.
Intensive Probenwochenenden und schließlich sechs abendfüllende Shows pro Woche über fast einen Monat, das alles neben dem Vollzeitjob – es war anstrengend und meine Familie war mehr als rücksichtsvoll. Doch ich hätte keine Sekunde missen wollen!
Gleichzeitig fand mich die Geschichte meines ersten Liebesromans, der im Frühjahr 2018 erschien. Bald war es Routine, jeden Morgen schon vor sechs Uhr am Rechner zu sitzen und zu schreiben. Die Geschichte nahm mich vollkommen gefangen. Sie aufzuschreiben ließ mein Herz überquellen! Schon vor der Veröffentlichung stand außer Frage, dass es kein einmaliges Projekt bleiben würde.
Nein, es war kein Projekt, es war meine neue Identität: Autorin!
Es folgten bisher zwei weitere Romance Bücher sowie Kurzgeschichten in zwei Anthologien.
Seither ist mir klar: Ohne Kunst kann ich nicht!
Für meinen vierten Roman »Regenbogenblau« habe ich im Text eines gleichnamigen Songs die Tristesse aufgearbeitet, die wie ein Schleier über der Seele liegt, wenn man dem Sehnen des eigenen Herzens nicht genug Beachtung schenkt.
Das Lied wird gemeinsam mit dem Roman im Sommer 2020 veröffentlicht.
Wenn ich nicht gerade selbst schreibe, verhelfe ich als Lektorin und Korrektorin den Geschichten meiner AutorenkollegInnen mit dem richtigen Feinschliff zu noch mehr Glanz.
Im Podcast „Die Zwei von der Talkstelle“ diskutiere ich wöchentlich mit meiner Autorenkollegin Vera Nentwich Themen rund ums Schreiben und Veröffentlichen von Büchern.
Neben dem Schreiben selbst ist der Austausch mit LeserInnen für mich das Größte, egal ob virtuell oder auf Messen. Nachdem die Buchmesse Frankfurt 2019 durch die Gelegenheit einer musikalischen Lesung für mich zu einem absoluten Highlight wurde, kann ich den Moment kaum erwarten, in dem Vergleichbares wieder möglich sein wird.